28.08.2009

Vorgänge um die Sächsische Landesbank verletzen Budgetrecht des Sächsischen Landtages

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Mit Urteil vom heutigen Tage gab der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen den von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in dem gegen den Sächsischen Staatsminister der Finanzen und die...

Mit Urteil vom heutigen Tage gab der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen den von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in dem gegen den Sächsischen Staatsminister der Finanzen und die Staatsregierung eingeleiteten Organstreitverfahren gestellten Anträgen überwiegend statt. Der Staatsminister der Finanzen habe die Rechte des Landtages aus Art. 95 SächsVerf durch die Übernahme der Höchstbetragsgarantie über 2,75 Mrd. Euro im Zusammenhang mit der Veräußerung der Anteile an der Landesbank Sachsen AG verletzt. Darüber hinaus habe die Staatsregierung die Rechte des Landtages aus Art. 93 SächsVerf dadurch verletzt, dass der Staatsminister der Finanzen der Kreditvorlage der Sachsen LB Europe plc. zu Gunsten des Kreditnehmers Ormond Quay plc. über eine – die Durchführung von Finanzmarktgeschäften ermöglichende – Aufstockung der Kreditlinie auf 1,735 Mrd. Euro in der Sitzung des Kreditausschusses der Landesbank vom 16. Juni 2005 zugestimmt habe.

Zur Übernahme der Höchstbetragsgarantie führte der Verfassungsgerichtshof in seiner Urteilsbegründung im Wesentlichen aus: Diese sei an Art. 95 Satz 1 SächsVerf zu messen, wonach eine Ermächtigung durch Gesetz erforderlich sei. Von der im Haushaltsgesetz 2007/2008 vorgesehenen Ermächtigungsnorm sei die Übernahme nicht gedeckt gewesen. Diese setze voraus, dass wesensprägender Zweck die Realisierung einer die Wirtschaft fördernden Maßnahme sei. Wesentliche Zielsetzung der Garantieübernahme sei aber die Abwendung einer den Freistaat mittelbar treffenden, existenzbedrohenden Krise der Landesbank Sachsen gewesen.
 
Zur Zustimmung des Staatsministers der Finanzen zur Erhöhung der Kreditlinien am 16. Juni 2005 führte der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen aus: Die Budgethoheit umfasse die für ein demokratisches Gemeinwesen zentrale Befugnis des Landtages, über Höhe und Verwendungszweck der staatlichen Finanzmittel zu entscheiden. Zwar habe der Gesetzgeber mit der Errichtung der Sachsen LB die Möglichkeit geschaffen, dass durch deren Betätigung finanzielle Vorwirkungen auf künftige Haushaltsperioden erzeugt würden. Die von der Errichtung der Sachsen LB ausgehende Legitimationswirkung für die Entstehung künftiger Finanzierungspflichten des Freistaates gelte aber nicht uneingeschränkt. Die Übernahme der Finanzierungsverantwortung stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Errichtungszweck. Daher hätten der Staatsregierung auf den Schutz der Rechte des Landtages gerichtete Kontrollpflichten oblegen. Der Staatsminister der Finanzen sei jedenfalls dann von Verfassungs wegen verpflichtet gewesen, seine Handlungsmöglichkeiten als Vorsitzender des Verwaltungsrates der Sachsen LB mit dem Ziel der Beschränkung ihrer unterneh-merischen Betätigung zu nutzen, wenn diese Betätigung nicht mehr innerhalb des gesetzlichen Auftrags gelegen habe und die hieraus resultierenden Risiken im Falle ihrer Realisierung den Haushaltsgesetzgeber in künftigen Haushaltsperioden in seiner Entscheidungsfreiheit erkennbar beeinträchtigten.
 
Zur Wahrung der Budgethoheit des Landtages sei der Staatsminister der Finanzen verpflichtet gewesen, die Erhöhung der Kreditlinie in der Sitzung des Kreditausschusses im Juni 2005 abzulehnen. Der gesetzlich vorgegebene Aufgabenbereich der Sachsen LB habe eine Betätigung ausgeschlossen, die ohne Bezug zu ihrem öffentlichen Auftrag den geschäftlichen Schwerpunkt auf ausschließlich ertragsorientierte Aktivitäten an den internationalen Kapitalmärkten verlagert habe. Das von der Sachsen LB Europe mit den Kapitalmarktaktivitäten umgesetzte Geschäftsmodell habe keinen regionalen Bezug und diene nicht der Versorgung der sächsischen Wirtschaft mit Bankleistungen. Schon das Volumen der Kapitalmarktgeschäfte schließe es aus, diese als innerhalb der Geschäftsbankfunktion der Sachsen LB zulässige Betätigung anzusehen.
Die durch die Zustimmung des Kreditausschusses ermöglichte Geschäftstätigkeit der Sachsen LB habe erkennbar parlamentarisch nicht gebilligte Vorwirkungen auf künftige Haushaltsperioden erzeugt. Mit der Ausweitung des Kreditengagements sei vorhersehbar eine im Haushaltsplan nicht gedeckte Finanzierungsverantwortung des Freistaates geschaffen worden. Dem Staatsminister der Finanzen hätten aufgrund seiner Mitgliedschaft im Verwaltungsrat und im Kreditausschuss Kenntnisse vorgelegen, nach denen die aus den Finanzmarktgeschäften resultierenden Risiken von der Landesbank nicht vollständig erfasst gewesen seien.

Die weitergehenden Anträge verwarf der Verfassungsgerichtshof als unzulässig.


Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen – Vf. 41-I-08

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