25.11.2005

Verfassungsgerichtliche Überprüfung der Wahlen zum 4. Sächsischen Landtag abgeschlossen

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Mit Entscheidungen vom heutigen Tag hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen weitere drei Wahlprüfungsbeschwerden, mit welchen die Ungültigkeit der Wahlen zum 4. Sächsischen Landtag...

Mit Entscheidungen vom heutigen Tag hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen weitere drei Wahlprüfungsbeschwerden, mit welchen die Ungültigkeit der Wahlen zum 4. Sächsischen Landtag geltend gemacht wurden, zurückgewiesen. Damit sind alle beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Wahlprüfungsverfahren abgeschlossen.

Die von Frau Barbara Lässig erhobene Wahlprüfungsbeschwerde (Vf. 67-V-05), über welche der Verfassungsgerichtshof gestern mündlich verhandelt hat, richtete sich gegen die Aufstellung der Landesliste der PDS (nunmehr: Die Linkspartei.PDS). Diese erfolgte am 8. und 9. Mai 2005 auf der Landesvertreterversammlung der PDS. Nach der dort angewandten Wahlordnung war den Vertretern ein »Gemeinsamer Listenvorschlag« von Landesvorstand und Landesrat der PDS vorgelegt worden, der Namen und Reihenfolge der für die ersten 40 Plätze der Landesliste vorgesehenen Bewerber enthielt. Gegenkandidaten - wie die Beschwerdeführerin - benötigten 15 Unterstützungsunterschriften und konnten sich erst vorstellen, nachdem der »Gemeinsame Listenvorschlag« im Grundsatz gebilligt worden war. Bei den späteren sog. Änderungsabstimmungen erhielt keiner der Gegenkandidaten die für eine Aufnahme in den »Gemeinsamen Listenvorschlag« notwendige Mehrheit. Der Beschwerdeführerin wurde nach einer sog. Ergänzungsabstimmung der Listenplatz 41 zugewiesen, sodass sie bei der Wahl - die PDS errang 31 Sitze im Sächsischen Landtag - erfolglos blieb. Hieraufhin legte sie erfolglos Einspruch beim Sächsischen Landtag ein und wandte sich anschließend mit der Rüge der Verletzung allgemeiner Wahlrechtsgrundsätze, die auch für die Aufstellung der Kandidaten durch die Parteien gelten, an den Verfassungsgerichtshof.

Auch dieser sah im Zusammenhang mit der Aufstellung der PDS-Landesliste keine Gründe für die Ungültigkeit der Wahlen zum 4. Sächsischen Landtag. Insbesondere sei nicht gegen die Grundsätze der Freiheit und Gleichheit der Wahl verstoßen wurden. Es sei von Verfassungs wegen nichts dagegen einzuwenden, wenn das Verfahren zur Aufstellung einer Bewerberliste durch einen Listenvorschlag vorstrukturiert werde, sofern nur im weiteren Abstimmungsverfahren von diesem ganz oder teilweise abgewichen werden kann und alle Bewerber um einen Listenplatz eine angemessen gleiche Chance haben, sich der Wahlentscheidung der Vertreterversammlung zu stellen und auf einen Listenplatz gewählt zu werden. Diesen Vorgaben sei Rechnung getragen worden. Die Differenzierung zwischen den Kandidaten, die von Führungsgremien der PDS empfohlen, und solchen, die aus der Mitte der Vertreterversammlung vorgeschlagen wurden, sei sachlich gerechtfertigt, um das Aufstellungsverfahren effektiv durchführen und eine ausgewogene und erfolgversprechende Kandidatenliste erreichen zu können.

Zwei weitere Wahlprüfungsbeschwerden (Vf. 60-IV-05) richteten sich gegen die Wahl des CDU-Direktkandidaten im Wahlkreis 37 - Riesa-Großenhain, Wolfram Köhler. Dieser war im Jahr 2003 in Riesa wohnhaft. Mitte Januar 2004 nahm er eine berufliche Tätigkeit in Hannover auf und bereitete für den 30. Januar 2004 seinen Umzug vor. Kurz zuvor entschloss sich Wolfram Köhler zu einer Kandidatur für den Wahlkreis Riesa-Großenhain und wurde am Abend des 30. Januar 2004 als Direktkandidat aufgestellt. Gleichwohl entschloss er sich, den bereits eingeleiteten Umzug zunächst durchzuführen; der Transport der Möbel fand am 31. Januar 2004 statt. Bereits am Tag darauf kehrte Wolfram Köhler nach Riesa zurück und bemühte sich um eine neue Wohnung, die er am 9. Februar 2004 bezog. Bei den Wahlen zum 4. Sächsischen Landtag erhielt Wolfram Köhler die meisten Stimmen in seinem Wahlkreis und wurde zum Abgeordneten des 4. Sächsischen Landtags gewählt. Nachfolgend verzichtete er auf sein Mandat, sein Sitz wurde an die Abgeordnete Christine Clauß vergeben. Nach Ansicht der Beschwerdeführer war die Wahl im Wahlkreis 37 ungültig. Wolfram Köhler habe kein passives Wahlrecht zugestanden, weil er in den zwölf Monaten vor der Wahl nicht ununterbrochen im Wahlgebiet wohnhaft gewesen sei.

Dieser Auffassung ist der Verfassungsgerichtshof - ebenso wie der Sächsische Landtag im Wahlprüfungsverfahren - nicht gefolgt und hat die Wahlprüfungsbeschwerden durch Beschluss zurückgewiesen. Wolfram Köhler sei gemäß § 14 Sächsisches Wahlgesetz wählbar gewesen. Die nur neuntätige Ortsabwesenheit sei nicht geeignet, Wolfram Köhler das Wahlrecht abzusprechen, weil er im Jahr vor der Wahl ansonsten durchgängig im Freistaat Sachsen wohnhaft gewesen sei und sich bereits vor Aufgabe seiner bisherigen Riesaer Wohnung entschlossen habe, eine solche so schnell wie möglich wieder im Freistaat Sachsen zu nehmen. Nur diese Sichtweise werde auch dem Zweck des § 14 Sächsisches Wahlgesetz gerecht, der sicherstellen solle, dass sich der Wahlbewerber mit dem Freistaat Sachsen und den mit der Wahl zum Sächsischen Landtag verbundenen Aufgaben als sächsischer Abgeordnete identifiziere sowie aus eigener Anschauung heraus Kenntnis von den spezifischen Gegebenheiten im Freistaat Sachsen besitze.

Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Urteil vom 25. November 2005 - Vf. 67-V-05 - und Beschluss vom 25. November 2005 - Vf. 60-V-05 -

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