27.03.2009

Sächsische Volkspartei unterliegt im Organstreit um Beeinträchtigung ihrer Wahlchancen

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Mit Urteil vom heutigen Tage versagte der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen den gegen den Sächsischen Landtag gerichteten Anträgen der Sächsischen Volkspartei den Erfolg; mit diesen...

Mit Urteil vom heutigen Tage versagte der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen den gegen den Sächsischen Landtag gerichteten Anträgen der Sächsischen Volkspartei den Erfolg; mit diesen hatte sich die Sächsische Volkspartei gegen nachteilige Veränderungen ihrer Wahlchancen nach dem Kommunalwahlrecht gewandt, die insbesondere durch die Kreisgebietsreform bewirkt worden seien.

Die Antragstellerin hatte geltend gemacht, in ihrem Recht aus Art. 21 Abs. 1 Grundgesetz verletzt zu sein, weil ihre Teilnahme an den Kreistagswahlen unangemessen eingeschränkt werde. Das Kommunalwahlgesetz und die Kommunalwahlordnung hätten durch die Neugliederung der Landkreise, speziell durch die neuen Kreisgrößen, einen neuen Inhalt erhalten und hätten deswegen an diese neuen Rahmenbedingungen angepasst werden müssen. Wegen der am Kreissitz zu leistenden Unterstützungsunterschriften seien durch die Entfernung einzelner Orte zu den neuen Kreisstädten derart hohe Hürden aufgebaut worden, dass von Chancengleichheit keine Rede mehr sein könne. Im Übrigen seien generell die Bestimmungen, wonach die Verzeichnisse für Unterstützungsunterschriften ausschließlich an amtlichen Stellen aufzulegen seien, verfassungswidrig.
 
Darüber hinaus hatte die Antragstellerin gerügt, sie werde durch die Änderung des Kommunalwahlgesetzes, wonach nur noch Parteien, die aufgrund eines eigenen Wahlvorschlages im Landtag vertreten sind, vom Erfordernis der Beibringung von Unterstützungsunterschriften ausgenommen seien, in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt. Sie sei durch ihren Vorsitzenden im Landtag vertreten. Dieser sei auf der Liste der NPD gewählt worden, später aber aus dieser Partei ausgetreten und zur Antragstellerin gewechselt. Aufgrund der Neuregelung müsse sie nunmehr – abweichend von der früheren Rechtslage – Unterstützungsunterschriften vorlegen.
 
Die Anträge hatten keinen Erfolg. Soweit die Antragstellerin eine unterlassene Anpassung der kommunalwahlrechtlichen Vorschriften im Zuge der Kreisgebietsreform durch den Gesetzgeber monierte, mangelte es nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes bereits an ihrer Antragsbefugnis. Die Antragstellerin könne sich nicht darauf berufen, dass zur Wahrung ihrer Chancengleichheit bei Kreistagswahlen anlässlich der Neubildung der Landkreise eine Normanpassung durch den Gesetzgeber veranlasst war. Die Bestimmungen des Kommunalwahlgesetzes seien nicht zwingend dahingehend auszulegen, dass Unterstützungsunterschriften für Wahlvorschläge zu Kreistagswahlen nur in der Landkreisverwaltung erfolgen könnten. Soweit eine solche Festlegung in der Kommunalwahlordnung erfolgt sei, sei gegen diese untergesetzliche Regelung vorrangig fachgerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Für eine Anrufung des Verfassungsgerichtshofes fehle insoweit das Rechtsschutzinteresse.

Der allgemein gegen das Erfordernis amtlicher Auflegung der Unterstützungsverzeichnisse gerichtete Antrag sei wegen Verfristung ebenfalls unzulässig. Da die Antragstellerin diesen erstmals in der mündlichen Verhandlung des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Januar 2009 gestellt habe, sei die hierfür geltende Antragsfrist von sechs Monaten nicht eingehalten.
 
Soweit die Änderung des Kommunalwahlgesetzes dazu führe, dass bei Kommunalwahlen künftig nur noch im Landtag aufgrund eigenen Wahlvorschlags  vertretene Parteien von dem Erfordernis ausgenommen seien, Unterstützungsunterschriften für ihre Wahlvorschläge bei-zubringen, halte dies einer verfassungsrechtlichen Überprüfung stand. Der Normsetzungsakt verstoße nicht gegen das Recht der Antragstellerin auf  Chancengleichheit. Das Unterschriftenquorum diene dem legitimen Zweck, nur solche Wahlvorschläge zuzulassen, von denen angesichts der Unterstützung durch Wahlberechtigte vermutet werden könne, dass hinter ihnen eine politisch ernst zu nehmende Gruppe stehe. Im Hinblick hierauf stelle es keinen Verstoß gegen Wahlrechtsgrundsätze und die Chancengleichheit der Parteien dar, wenn der Gesetzgeber hinsichtlich der erforderlichen Unterstützungsunterschriften zwischen Parteien differenziere, die bereits in der betreffenden kommunalen Volksvertretung oder im Landtag aufgrund eigenen Wahlvorschlags vertreten seien, und solchen, die dieses Ziel noch anstrebten. Der Wahlerfolg einer Partei bei vorangegangenen Wahlen könne regelmäßig als aussagekräftiger Nachweis für die Ernsthaftigkeit ihres Wahlvorschlags und den erforderlichen Rückhalt unter den Wahlberechtigten angesehen werden. Die Neuregelung erweise sich auch deshalb als verfassungsgemäß, weil sie alle bei den vorangegangenen Landtagswahlen erfolglos ge-bliebenen Parteien gleich behandele und die Wahlzulassungsvoraussetzungen für diese Parteien einheitlich ausrichte.
 

SächsVerfGH, Urteil vom 27. März 2009 – Vf. 74-I-08

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