Pressemitteilung
Unzulässigkeit eines Organstreitverfahrens wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses
Unzulässigkeit eines Organstreitverfahrens wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses
Ein Antrag im Organstreitverfahren ist unzulässig, wenn es dem Antragsteller weder um die objektive verfassungsgerichtliche Klärung streitiger verfassungsrechtlicher Fragen geht, noch um die Herstellung von Rechtsfrieden oder um die Abgrenzung von Kompetenzen. Das hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen mit Urteil vom 11. April 2018 entschieden.
Die Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Mario Beger vom 13. März 2017 (LT-Drs. 6/8849) hatte das Thema „Hinterziehung von Steuern im Freistaat Sachsen“ zum Gegenstand. Die Kleine Anfrage beantwortete die Staatsregierung, indem sie Auskunft zur Höhe der hinterzogenen Steuern aufgrund strafrechtlicher Verurteilungen erteilte. Eine nähere Aufschlüsselung der Zahlen nach Steuerarten nahm sie nicht vor. In einer späteren Pressinformation des Sächsischen Finanzministeriums wurden hingegen abweichende Zahlen genannt und aufgeschlüsselt.
Dies nahm der Antragsteller zum Anlass für seinen Organstreit und rügte eine Verletzung seines Fragerechts aus Art. 51 Abs. 1 Satz 1 SächsVerf. Er verwies dabei auf die Diskrepanz zwischen der Antwort auf seine Kleine Anfrage und der späteren Presseinformation des Finanzministeriums. Daraufhin stellte die Staatsregierung klar, dass sich die Presseinformation des Sächsischen Finanzministeriums auf Mehrsteuern bezogen habe, die im gleichen Zeitraum durch die sächsische Steuerfahndung festgestellt worden seien. Sie hingegen habe Auskunft über rechtskräftig festgestellte Steuerhinterziehungen erteilt. Dass der Antragsteller nach anderen Zahlen gefragt habe, sei für sie nicht erkennbar gewesen.
Der Verfassungsgerichtshof verneinte in seinem Urteil das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für den Organstreitantrag. Inhalt und Umstände der erfolgten Antwort enthalten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Staatsregierung das aus Art. 51 Abs. 1 SächsVerf folgende Frage- und Informationsrecht des Antragstellers und ihre damit korrespondierende Antwortpflicht in Frage stellt. Der hier vorgetragene Streit beschränkt sich vielmehr darauf, den missverständlichen Wortlaut einer Kleinen Anfrage nachträglich auszulegen. Ein solcher Organstreit ist indes unzulässig, weil es dem Antragsteller weder um die objektive verfassungsgerichtliche Klärung streitiger verfassungsrechtlicher Fragen geht, noch um die Herstellung von Rechtsfrieden oder um die Abgrenzung von Kompetenzen auch für die Zukunft. Der Abgeordnete hat es selbst in der Hand, durch eine ergänzende Nachfrage etwaige Unklarheiten zu beseitigen.
SächsVerfGH, Urteil vom 11. April 2018 – Vf. 82-I-17