03.11.2006

NPD-Abgeordneter unterliegt im Organstreitverfahren zur Besetzung des Sachsen LB-Untersuchungsausschusses

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Mit Beschluss vom gestrigen Tag hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen den Antrag des Mitglieds des Landtages Dr. Johannes Müller, mit dem sich dieser gegen einen auf sein...

Mit Beschluss vom gestrigen Tag hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen den Antrag des Mitglieds des Landtages Dr. Johannes Müller, mit dem sich dieser gegen einen auf sein Ausscheiden aus dem Sachsen LB-Untersuchungsausschuss gerichteten Landtagsbeschluss wendet, verworfen.

Der Antragsteller, Mitglied der NPD-Fraktion, war auf deren Vorschlag zum Mitglied des Untersuchungsausschusses gewählt worden. Nachdem sich die Zahl der Mitglieder der NPD-Fraktion von zwölf auf neun verringert hatte, beschloss der Sächsische Landtag in seiner Sitzung vom 19. Juli 2006, dass der Antragsteller und das weitere auf Vorschlag der NPD-Fraktion gewählte Mitglied aus dem Untersuchungsausschuss ausscheiden. Am 20. Juli 2006 wählte der Landtag neben einer Abgeordneten der CDU-Fraktion den Antragsteller erneut zum Mitglied des Untersuchungsausschusses. Der Antragsteller sah sich durch diese Verfahrensweise in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt und leitete am 2. August 2006 bei dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen ein Organstreitverfahren ein.
 
Der Verfassungsgerichtshof erachtete den Antrag für offensichtlich unbegründet. Dem Gebot formaler Chancengleichheit entsprechend sei der Sächsische Landtag berechtigt und – unter Berücksichtigung der verfassungsmäßigen Rechte aller Fraktionen – sogar verpflichtet gewesen, auch nach Bildung des Untersuchungsausschusses dafür Sorge zu tragen, dass dieser die Zusammensetzung des Plenums verkleinernd wiedergibt. Der hierdurch bedingte nachträgliche Austausch von Ausschussmitgliedern verstoße insbesondere nicht gegen jene Grundgedanken, die bei der Besetzung gerichtlicher Kollegien gelten. Parlamentarische Untersuchungsausschüsse seien weder Gerichte noch nähmen ihre Mitglieder eine der richterlichen Tätigkeit vergleichbare Funktion wahr. Das Untersuchungsverfahren beschränke sich vielmehr darauf, mit hoheitlichen Mitteln selbstständig jene Sachverhalte zu prüfen, die der Landtag in Erfüllung seines Verfassungsauftrages als Vertretung des Volkes für aufklärungsbedürftig halte. Auch gegen das vom Landtag gewählte Verfahren sei aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts einzuwenden. Nachdem die vorschlagsberechtigte NPD-Fraktion nicht zu einer Mitwirkung bei der Niederlegung eines der beiden Ausschusssitze zu bewegen gewesen sei, durfte der Landtag einen geeigneten Weg wählen, um eine der Fraktionsstärken im Landtag entsprechende Spiegelbildlichkeit im Untersuchungsausschuss herzustellen.
 
Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 2. November 2006 – Vf. 72-I-06

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