05.11.2010

Landtagsabgeordneter obsiegt im Organstreitverfahren wegen unvollständig beantworteter Kleiner Anfrage

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Im Organstreitverfahren des Landtagsabgeordneten Storr gegen die Staatsregierung stellte der Verfassungsgerichtshof mit Urteil vom heutigen Tage fest, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller...

Im Organstreitverfahren des Landtagsabgeordneten Storr gegen die Staatsregierung stellte der Verfassungsgerichtshof mit Urteil vom heutigen Tage fest, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller durch die unvollständige Beantwortung einer Kleinen Anfrage in seinen Rechten aus Art. 51 Abs.1 Satz 1 SächsVerf verletzt habe.
Auf die Kleine Anfrage des Antragstellers, welche als linksextremistisch eingestuften Organisationen derzeit durch das Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet würden, verwies ihn die Antragsgegnerin auf den Verfassungsschutzbericht und ergänzend auf das "Sächsische Handbuch zum Extremismus und zu sicherheitsgefährdenden Bestrebungen". Einer darüber hinausgehenden Auflistung aller beobachteten linksextremistischen Organisationen stünden Gründe der Geheimhaltung entgegen. Weitergehende Auskünfte würden der Parlamentarischen Kontrollkommission erteilt.
 
Der hiergegen gerichtete Antrag im Organstreitverfahren war erfolgreich. Der Verfassungsgerichtshof stellte fest, die Antragsgegnerin habe mit ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage den durch Art. 51 Abs.1 Satz 1 SächsVerf gewährleisteten Anspruch des Antragstellers auf nach bestem Wissen vollständige Beantwortung verletzt. Nach Art. 51 Abs.2 SächsVerf könne die Antragsgegnerin die Beantwortung von Fragen ablehnen, wenn diese den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung berührten oder einer Beantwortung gesetzliche Regelungen, Rechte Dritter oder überwiegende Belange des Gemeinschutzes entgegenstünden. Verweigere die Staatsregierung eine Antwort unter Berufung auf Art. 51 Abs.2 SächsVerf müsse sie die für maßgeblich erachteten tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte darlegen, damit die Ablehnung nachvollziehbar werde. Die pauschale Behauptung, durch die Beantwortung der Fragen würden Rückschlüsse auf die Tätigkeit der Nachrichtendienste ermöglicht, die deren Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung gefährdeten, genüge nicht. Erforderlich sei vielmehr gegenüber dem Abgeordneten die Nennung nachvollziehbarer und plausibler Gründe.
 
Auch der Verweis auf weitergehende Auskünfte gegenüber der Parlamentarischen Kontroll-kommission entbinde nicht von der Erfüllung der Antwortpflicht der Staatsregierung. Das Auskunftsrecht der Parlamentarischen Kontrollkommission solle keine Schwächung, sondern eine Stärkung der allgemeinen parlamentarischen Kontrolle in Bezug auf nachrichtendienstliche Tätigkeit bewirken.
 

SächsVerfGH, Urteil vom 5. November 2010 – Vf. 35-I-10

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