19.07.2012

Landtagsabgeordnete obsiegen im Organstreitverfahren wegen nicht beantworteter Kleiner Anfrage

© 

Die nicht hinreichend begründete Auskunftsverweigerung der Staatsregierung auf eine Kleine Anfrage zum Inhalt der Errichtungsanordnung für die integrierte Vorgangsbearbeitung der Polizei...

Die nicht hinreichend begründete Auskunftsverweigerung der Staatsregierung auf eine Kleine Anfrage zum Inhalt der Errichtungsanordnung für die integrierte Vorgangsbearbeitung der Polizei verletzte die Antragsteller in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Frage- und Auskunftsrecht. Das entschied der Verfassungsgerichtshof mit Urteil vom heutigen Tage im Organstreitverfahren auf Antrag der Landtagsabgeordneten Julia Bonk und Johannes Lichdi gegen die Sächsische Staatsregierung.
 
Die Staatsregierung hatte auf die Kleine Anfrage mitgeteilt, dass die Errichtungsanordnung nicht veröffentlicht worden sei, um Einblicke in die Arbeitsweise der Polizei zu verhindern. Nach Art. 51 Abs. 2 Sächsische Verfassung kann die Staatsregierung die Beantwortung von parlamentarischen Anfragen u.a. dann ablehnen, wenn einer Beantwortung überwiegende Belange des Geheimschutzes entgegenstehen. Die erteilte Antwort enthielt jedoch keinerlei Ausführungen, weshalb eine Offenlegung auch nur von Teilen der erfragten Errichtungsan-ordnung überwiegende Belange des Geheimschutzes verletzten würde. Der Verfassungsgerichtshof stellte deshalb fest, dass das Unterlassen jeglicher Begründung offensichtlich nicht den Grundsätzen einer zulässigen Antwortverweigerung genügt. Die erstmals in der gerichtlichen Antragserwiderung gemachten Ausführungen zu Inhalt, Zweck und Ausmaß der Errichtungsanordnung und daraus folgenden Geheimschutzbelangen konnten diesen Rechtsmangel nicht mehr heilen.
 
Der Verfassungsgerichtshof bestätigte die Auffassung der Staatsregierung, dass aus dem Frage- und Auskunftsrechts des Abgeordneten kein Recht auf Übermittlung von Unterlagen (hier: Vorlage der Errichtungsanordnung) folgt. Bei sinngerechter Auslegung der parlamenta-rischen Anfrage, zu der die Staatsregierung nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue verpflichtet war, musste sie aber erkennen, dass den Fragestellern daran gelegen war, so viel wie möglich über die Errichtungsanordnung zu erfahren. Sie hätte die Frage deshalb durch wörtliche Zitate und/oder sinngemäße Zusammenfassungen beantworten können.
 
SächsVerfGH, Urteil vom 19. Juli 2012 – Vf. 102-I-11

zurück zum Seitenanfang