25.09.2008

Antrag des Muldentalkreises gegen die Kreisgebietsreform zurückgewiesen

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Mit Urteil vom heutigen Tage hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen den zulässigen Antrag des Muldentalkreises auf kommunale Normenkontrolle gegen Regelungen des Sächsischen...

Mit Urteil vom heutigen Tage hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen den zulässigen Antrag des Muldentalkreises auf kommunale Normenkontrolle gegen Regelungen des Sächsischen Kreisgebietsneugliederungsgesetzes vom 29. Januar 2008 als unbegründet zurückgewiesen.

Nach dem Urteil der Verfassungsrichter werde der Antragsteller weder durch seine Auflösung und die Neubildung des Landkreises Leipzig noch durch die Entscheidung des Gesetzgebers, das Landratsamt in Borna zu errichten, in seinen Selbstverwaltungsrechten verletzt.
 
Der Antragsteller könne sich nicht unter dem Gesichtspunkt der Mehrfachneugliederung auf einen besonderen  Vertrauensschutz berufen. Die erste Kreisgebietsreform in den Jahren 1993 bis 1996 habe der Gesetzgeber mit dem Ziel vorgenommen, funktionsfähige und den damaligen Verhältnissen entsprechende Selbstverwaltungsstrukturen zu schaffen. Zu diesem Zeitpunkt seien jedoch die Folgen des Umstrukturierungsprozesses nach der Wiedervereinigung noch nicht absehbar gewesen. Hiervon ausgehend habe er die Kreisgebiete bereits nach einem Zeitraum von zwölf Jahren auf der Basis der zwischenzeitlich entwickelten Landesplanung neu ordnen dürfen.

Die Neuordnung diene dem Wohl der Allgemeinheit. Die Kontrolle des Verfassungsgerichtshofs hatte sich insoweit auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Aufstellung der für die Reform maßgeblichen Grundsätze und Leitlinien Gemeinwohlaspekte übersehen wurden, ob die Prognosen des Gesetzgebers eindeutig widerlegbar oder die Neugliederungsmaßnahmen offensichtlich ungeeignet sind, um das Reformziel zu verwirklichen. Hieran gemessen waren die den Antragsteller betreffenden Regelungen des Gesetzes nach Einschätzung des Verfassungsgerichtshofs verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Aus den herangezogenen Daten ergebe sich ein erheblicher demographischer Wandel im Freistaat Sachsen, der bis zum Jahr 2020 einen andauernden Bevölkerungsverlust und einen erheblichen Anstieg des Durchschnittsalters wahrscheinlich mache. Nachvollziehbar sei auch, dass sich die ohnehin bestehende Verschuldungssituation im Freistaat Sachsen durch den Abbau von Bundeszuweisungen verschärfen werde. Folgerichtig werde die Verschlechterung der Einnahmesituation auch auf kommunaler Ebene prognostiziert. Hiervon ausgehend ziele die Neuordnung der Kreisgebiete auf eine Steigerung der Effizienz öffentlichen Verwaltungshandelns sowie eine nachhaltige Erhöhung ihrer Wirtschaftlichkeit. Der Neuzuschnitt der Kreise sei auch nicht offensichtlich ungeeignet, um diese Reformziele zu erreichen. Der Gesetzgeber habe schließlich mit nachvollziehbarer Begründung sowohl die Beibehaltung der bestehenden Kreisgebiete als auch Kooperationsmodelle sowie die Bildung deutlich größerer Landkreise als Handlungsalternativen abgelehnt.

Auch die Errichtung des Landratsamtes in Borna entspreche dem Wohl der Allgemeinheit. Die Entscheidung für Borna halte sich in dem von den Grundsätzen und Leitlinien vorgegebenen Rahmen und weise keine verfassungsrechtlich relevanten Abwägungsdefizite auf. Die für Grimma sprechenden Umstände der zentralen Lage, der langjährigen Tradition als Amts- und Verwaltungssitz sowie der größeren Wirtschaftskraft, habe der Gesetzgeber berücksichtigt. Gleichwohl habe er auf der Basis zentralörtlicher Gleichrangigkeit eine Entscheidung zwischen beiden Städten treffen können. Der im Rahmen der Abwägung als entscheidend herangezogene Gesichtspunkt der landesplanerischen Entwicklung im Südraum Leipzig als Bergbaufolgelandschaft sei ein sachgerechtes, an landesplanerische Zielsetzungen und das Leitbild der zentralörtlichen Stabilität anknüpfendes Kriterium. Im Übrigen sei die Stärkung strukturschwächerer Räume als ein legitimes Auswahlkriterium zwischen mehreren in Betracht kommenden Städten anerkannt.

Da aus der Gesetzesbegründung mithin eine auf sachgerechten Erwägungen beruhende Entscheidung hervorgehe, bestünden verfassungsrechtliche Bedenken selbst dann nicht, wenn die Entscheidung für Borna auch das Ergebnis eines politischen Kompromisses zu dem Zweck gewesen wäre, eine parlamentarische Mehrheit für das Gesamtvorhaben zu gewinnen.
 

Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Urteil vom 25. September 2008
– Vf. 54-VIII-08

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