22.04.2008

Stadt Plauen im Verfahren gegen die Kreisgebietsreform erfolglos

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Mit Beschluss vom heutigen Tage verwarf der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen den gegen ihre Einkreisung gerichteten Antrag der Stadt Plauen als offensichtlich unbegründet...

Mit Beschluss vom heutigen Tage verwarf der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen den gegen ihre Einkreisung gerichteten Antrag der Stadt Plauen als offensichtlich unbegründet. Damit erledigte sich ihr zeitgleich eingereichter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Am 23. Januar 2008 verabschiedete der Sächsische Landtag das Kreisgebietsneugliederungsgesetz. In dessen § 2 Abs. 2 wird die Kreisfreiheit der Stadt Plauen aufgehoben. § 3 Nr. 9 des Gesetzes sieht die Neubildung des Vogtlandkreises unter Einkreisung der Antragstellerin vor.
 
Die Antragstellerin begehrte vor dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, das Kreisgebietsneugliederungsgesetz insoweit für nichtig zu erklären, als ihre Kreisfreiheit aufgehoben und sie mit den Gemeinden des bisherigen Kreisgebiets zum neu zu bildenden Vogtlandkreis vereint werde. Sie sieht sich in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 82 Abs. 2 SächsVerf verletzt. Der Verlust der Kreisfreiheit wirke sich sowohl auf ihre finanzielle Entwicklung als auch auf ihre demokratischen Mitwirkungsrechte negativ aus. Die gesetzgeberischen Ziele ließen sich auf schonendere Weise – nämlich durch Heranziehung des Kooperationsmodells „Vogtländischer Weg“ – erreichen. Dieses Modell sieht vor, dass die Stadt Plauen ihre Kreisfreiheit behält und mit dem Vogtlandkreis ihre Zusammenarbeit intensiviert.

Der Verfassungsgerichtshof verwarf den zulässigen Antrag auf kommunale Normenkontrolle als offensichtlich unbegründet. Die angegriffenen Regelungen des Kreisgebietsneugliederungsgesetzes seien mit der Sächsischen Verfassung vereinbar.

Zwar greife der Verlust der Kreisfreiheit in die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 82 Abs. 2 SächsVerf ein. Die Einschätzung des Landtages, wonach für die Neugliederung der Kreise im Freistaat Sachsen Gründe des öffentlichen Wohls stritten, sei verfassungsrechtlich jedoch nicht zu beanstanden.

Die herangezogenen Daten zur Bevölkerungsentwicklung belegten einen erheblichen demografischen Wandel im Freistaat, der zu einem deutlichen Einwohnerrückgang führen werde. Es liege auf der Hand, dass diese Entwicklung auf die Nachfrage von Leistungen, auch jener der Behörden, erheblichen Einfluss hätte. Zurückgehende Einwohnerzahlen hätten ferner verringerte Einnahmen der öffentlichen Haushalte aus Abgaben und Finanzzuweisungen zur Folge. Es begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber auf diese Entwicklungen mit der Gebietsreform reagiere. Der Landtag wolle leistungsfähige Landkreise und Kreisfreie Städte schaffen, die auf ihrem Gebiet zu einer eigenen Politik fähig seien und ihre vielfältigen öffentlichen Aufgaben zum Wohle ihrer Einwohner erfüllen könnten.

Die Grundsätze und Leitlinien der Gebietsreform, vor allem die Größenvorgaben für die Landkreise und Kreisfreien Städte sowie die Ablehnung von Kooperationsmodellen, stünden mit den Vorgaben der Sächsischen Verfassung in Einklang. Die Bestimmung einer Regelmindestgröße unterliege einer wertenden Entscheidung des Gesetzgebers, die allein auf offensichtlich fehlerhafte Annahmen überprüft werden könne. Hierfür biete sich – bei der zugrunde gelegten Regelmindestgröße von 200.000 Einwohnern – kein Anhalt. Auch habe der Gesetzgeber Kooperationsmodelle als Handlungsalternative ausschließen dürfen. Seine Einschätzung, diese seien im Vergleich zu einer Gebietsreform insgesamt nicht besser oder gleich gut geeignet, beruhe weder auf einer Verkennung wesentlicher Faktoren noch auf einer offensichtlich fehlsamen Bewertung kooperativer Formen der Aufgabenerledigung. Kooperationsmodelle seien zumindest tendenziell mit einer unübersichtlicheren Verwaltungsstruktur und einer höheren Instabilität verbunden.

Die Einkreisung der Antragstellerin als konkrete Neugliederungsmaßnahme stehe mit der Verfassung in Einklang. Die Gesetzesmaterialien belegten weder Defizite bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials noch ein offensichtlich fehlerhaftes Abwägungsergebnis. Der Gesetzgeber habe das Modell „Vogtländischer Weg“ verfassungsgemäß in die Entscheidung zur Einkreisung der Antragstellerin einbezogen. Er habe die Einkreisung der Antragstellerin vorziehen dürfen. Das Kooperationsmodell beruhe weder auf spezifischen örtlichen oder historischen Bedingungen, noch zeige es besondere Ausprägungen, die einer Übertragung auf andere Selbstverwaltungsträger entgegenstünden. Zwar könne die Antragstellerin auf einen im sachsenweiten Vergleich vergleichsweise geringen Personalschlüssel und auf eine niedrige Pro-Kopf-Verschuldung verweisen. Diese Umstände hätten aber ein Abweichen vom allgemeinen System nicht rechtfertigen – und erst recht nicht gebieten – können. Der Gesetzgeber habe ohne Verfassungsverstoß davon ausgehen dürfen, dass auch die Antragstellerin verstärkt mit den Folgen der demografischen Entwicklung konfrontiert sein werde und damit bei ihr ein Abweichen von den Grundsätzen und Leitlinien nicht veranlasst sei.

Auf Grund dieser Entscheidung steht nunmehr fest, dass die Stadt Plauen zum 1. August 2008 den Status der Kreisfreiheit verlieren wird. Damit werden die im Gesetz für den 8. Juni 2008 vorgesehenen Kreiswahlen planmäßig durchgeführt.


Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen – Vf. 19-VIII-08 (HS)/Vf. 20-VIII-08 (e.A.)

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