29.01.2010

Sächsische Gemeinden bleiben mit Normenkontrollverfahren um die Finanzausgleichsumlage erfolglos

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Mit Urteil vom heutigen Tage hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen den Antrag von 24 sächsischen Gemeinden auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Finanzausgleichsumlage...

Mit Urteil vom heutigen Tage hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen den Antrag von 24 sächsischen Gemeinden auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Finanzausgleichsumlage nach dem Sächsischen Finanzausgleichsgesetz zurückgewiesen.

Am 10. Dezember 2008 verabschiedete der Sächsische Landtag das 6. Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes, das in § 25a die Erhebung einer Finanzausgleichsumlage von kreisangehörigen Gemeinden vorsieht, deren Steuereinahmen einen gesetzlich bestimmten Finanzbedarf übersteigen (abundante Gemeinden).
 
Die Antragstellerinnen, 24 sächsische Gemeinden, sahen in der Erhebung der Finanzausgleichsumlage eine Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Sie beantragten vor dem Verfassungsgerichtshof die Feststellung, dass die betreffenden Normen des Finanz-ausgleichsgesetzes mit der Sächsischen Verfassung unvereinbar seien.

Der zulässige Antrag blieb ohne Erfolg. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes steht die Erhebung der Finanzausgleichsumlage mit der Garantie kommunaler Selbstverwaltung in Einklang.
 
Der Freistaat sei ausgehend vom kommunalen Finanzausstattungsanspruch verpflichtet, im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit einen übergemeindlichen Finanzausgleich zu gewährleisten. Hierbei verbleibe dem Landesgesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum, nach welchem System er die Finanzmittel auf die Gemeinden verteile. Im Rahmen seiner Regelungsfreiheit obliege es allein ihm, Unterschiede hinsichtlich des Finanzbedarfs und der vorhandenen Finanzausstattung auszumachen und festzulegen, wie unerwünschte Differenzlagen auszugleichen seien. Im Hinblick auf den weiten gesetzgeberischen Spielraum sei die verfassungsgerichtliche Kontrolle finanzausgleichsrechtlicher Instrumentarien beschränkt. Die Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof erstrecke sich allein darauf, ob die Bedarfsanalyse des Gesetzgebers evidente Fehler aufweise oder die vorgenommene Mittelverteilung dem Grundsatz der Verteilungssymmetrie offensichtlich widerspreche.

Die Finanzausgleichsumlage stelle ein zulässiges Element des übergemeindlichen Finanzausgleichs dar. Als Instrument eines horizontalen Finanzausgleichs unterstütze sie in ihren Wirkungen den in der Sächsischen Verfassung ausdrücklich vorgesehenen vertikalen Finanzaus-gleich. Der Finanzausgleich solle auf eine Angleichung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gemeinden hinwirken. Diesem Zweck entspreche es, wenn der Gesetzgeber innerhalb des vertikalen Ausgleichs die Höhe der Zuweisungen grundsätzlich an Finanzkraft und Bedarf der Gemeinden orientiere und besonders finanzkräftige Gemeinden von den Zuweisungen ganz ausschließe. Der bloße Ausschluss von Landesmitteln könne allerdings nicht immer die angestrebte Angleichung bewirken. Dies gelte insbesondere für Gemeinden, die überdurchschnittliche Einnahmen in der Gewerbesteuer zu verzeichnen hätten. Der Gesetzgeber dürfe deshalb über den Ausschluss von Zuweisungen im vertikalen Finanzausgleich hinaus bei den abundanten Gemeinden als Ausdruck eines horizontalen Ausgleichs einen Teil der Finanzkraft abschöpfen. Kämen die hieraus resultierenden Einnahmen den nicht abundanten Gemeinden zugute, verwirkliche sich in der Finanzausgleichsumlage der Gedanke interkommunaler Solidarität.
 
Die Finanzausgleichsumlage entspreche auch den aus der Verfassung herzuleitenden speziellen Anforderungen an Instrumentarien des übergemeindlichen Finanzausgleichs. Ihre Erhebung bewirke keine Nivellierung gemeindlicher Finanzkraft. Zwar komme es zu einer Halbie-rung der Finanzkraftunterschiede innerhalb der Gruppe abundanter Gemeinden. In Anbetracht der erheblichen Spanne im Maß der Abundanz gehe damit aber keine unzulässige Einebnung der Finanzkraftunterschiede einher. Ebenso wenig trete durch die Berechnung der gemeindlichen Steuerkraft anhand von Nivellierungshebesätzen eine unzulässige Übernivellierung der Finanzkraftunterschiede ein. Das Abstellen auf eine fiktive Steuerkraft diene der Vermeidung einer Strategieanfälligkeit des Regelungskonzepts. Die alternativ mögliche Berechnung anhand individueller Hebesätze begründete für die Gemeinden den nicht unerheblichen Anreiz, ihre Hebesätze so zu gestalten, dass sie einerseits eine geringe Finanzumlage zu tragen hätten, andererseits Vorteile im Wettbewerb um Gewerbeansiedlungen zu Lasten dritter Gemeinden erlangten. Das Selbstverwaltungsrecht schütze die Gemeinden nicht davor, dass der Gesetzgeber solchen Anreizen entgegenwirke.

Die Auswirkungen der Finanzausgleichsumlage stellten die gemeindliche Finanzhoheit nicht in Frage. Zwar sei der Freistaat verfassungsrechtlich verpflichtet, für eine angemessene finanzielle Ausstattung der kommunalen Selbstverwaltungsträger Sorge zu tragen, die neben der Erfüllung der übertragenen Aufgaben die Wahrnehmung originär kommunaler Aufgaben ermögliche. Dies stehe aber unter dem Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit des Freistaates. Aus der Gleichwertigkeit staatlicher und kommunaler Aufgaben folge das Gebot der Verteilungssymmetrie, das eine aufgabengerechte Verteilung begrenzt verfügbarer Finanzmittel zwischen den verschiedenen Ebenen verlange. Vorliegend habe der Gesetzgeber Sicherungsvorkehrungen gegen eine zu weitgehende Abschöpfung der Steuerkraft abundanter Gemeinden getroffen. Insbesondere habe er Vorsorge dafür getragen, dass keine Kumulierung der Umlagen eintrete, die zu einer unzulässigen Unterschreitung der gebotenen Finanzausstattung führen könnte. Im Einzelfall eintretenden Haushaltsnotlagen abundanter Gemeinden sei mit dem gesetzlich vorgesehenen Instrumentarium der Zuweisungen zum Ausgleich besonderen Bedarfs zu begegnen.

Die aus der Erhebung der Finanzausgleichsumlage resultierende Beeinträchtigung der gemeindlichen Einnahmen- und Ausgabenhoheit sei verhältnismäßig. Insbesondere fehle es der Umlage nicht an der Geeignetheit zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele, nämlich die in den letzten Jahren stark angestiegenen Steuerdisparitäten zwischen den Gemeinden auszugleichen.

SächsVerfGH, Urteil vom 29. Januar 2010 – Vf. 25-VIII-09

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