1. Navigation
  2. Inhalt
  3. Herausgeber
Inhalt

Pressemitteilungen aus dem Jahr 2011

    09.12.2011 - Vorlage des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts ist unzulässig

    Der Rechtsstreit über die Gültigkeit der Wahl zum Bürgermeister in der Gemeinde Königswartha im Juni 2008 ist vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht fortzusetzen. Das Bautzener Gericht hatte dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof den Rechtsstreit mit der Frage vorgelegt, ob es verfassungsgemäß sei, dass nach dem Kommunalwahlgesetz von Wahlbewerbern die Abgabe der sogenannten „Stasi-Erklärung“ verlangt werde. Die Verfassungsrichter stellten mit Beschluss vom 8. Dezember 2011 fest, dass die Vorlage unzulässig ist.
     
    Im Ausgangsverfahren hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen aufgrund der von ihm zugelassenen Berufung zu klären, ob der Landkreis Bautzen die Wahl des Klägers zum Bürgermeister der Gemeinde Königswartha zu Recht als ungültig erklärt hat. Der Kläger hatte bei Einreichung des Wahlvorschlags für die Wahl zum Bürgermeister keine Erklärung darüber abgegeben, ob er für das frühere Ministerium für Staatssicherheit bzw. das Amt für Nationale Sicherheit tätig gewesen war. Gegen diese in § 41 Abs. 4 Kommunalwahlgesetz geregelte formale Anforderung des Zulassungsverfahrens für Wahlvorschläge hatte das Sächsische Oberverwaltungsgericht verfassungsrechtliche Bedenken. Es hatte daher mit Beschluss vom 18. Mai 2011 das bei ihm anhängige Verfahren ausgesetzt und dem Verfassungsgerichtshof mit der Frage vorgelegt, ob mit dem Grundrecht der allgemeinen und gleichen Wahl i.V.m. dem Demokratieprinzip vereinbar sei, dass ein Wahlbewerber für das Bürgermeisteramt sich über frühere Stasi-Mitarbeit zu erklären habe.

    Der Verfassungsgerichtshof stellte im Verfahren der konkreten Normenkontrolle fest, dass die Vorlage unzulässig ist. Eine zulässige Vorlage setze u.a. voraus, dass die Entscheidung im Ausgangsverfahren von der Verfassungsmäßigkeit der zur Prüfung gestellten Rechtsnorm abhänge. Diese Entscheidungserheblichkeit der zur Überprüfung vorgelegten gesetzlichen Regelung ergebe sich aus dem Vorlagebeschluss nicht. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht habe diese formalen Anforderungen an das Verfahren zur Zulassung von Wahlvorschlägen als Voraussetzung für die Wählbarkeit eines Kandidaten angesehen. Diese von den Richtern in Bautzen vorgenommene Auslegung sei nicht hinreichend begründet. Das vorlegende Gericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass die Voraussetzungen für die Wählbarkeit in § 49 Abs. 1 Sächsische Gemeindeordnung gesetzlich geregelt seien und ob diese Norm auch für die Bürgermeisterwahl gelten könne. Richte sich die Wählbarkeit aber nach § 49 Abs. 1 Sächsische Gemeindeordnung, sei nicht ersichtlich, weshalb die dem Verfassungsgerichtshof vorgelegte Frage entscheidungserheblich sei.

    SächsVerfGH, Beschluss vom 8. Dezember 2011 – Vf. 52-III-11
     

    Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen (auszugsweise):
     
    Kommunalwahlgesetz
     
    § 41 Abs. 4
    Jeder Bewerber hat bis zum Ende der Einreichungsfrist gegenüber dem Vorsitzenden des Gemeindewahlausschusses die folgende schriftliche Erklärung abzugeben:

    „I. Es ist mir bekannt, dass gemäß § 6 Abs. 2 des Beamtengesetzes für den Freistaat Sachsen in das Beamtenverhältnis grundsätzlich nicht berufen werden darf, wer
     
    1. gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat, insbesondere die im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 gewährleisteten Menschenrechte oder die in der Allgemeinen Erklä-rung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 enthaltenen Grundsätze verletzt hat oder
    2. für das frühere Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit tätig war.
     
    Ich erkläre, dass ich
    a) nicht zu dem genannten Personenkreis gehöre,
    b) zu dem genannten Personenkreis gehöre, eine Berufung in das Beamtenverhältnis aus folgenden Gründen gleichwohl in Betracht kommt: …“
     
    Der Bewerber hat in der Erklärung kenntlich zu machen, welche der unter a) und b) ge-nannten Alternativen jeweils für ihn zutrifft; bei Alternative b) hat er jeweils die erforderli-chen Gründe zu benennen. Die Erklärung ist zu unterschreiben und mit Ortsangabe und Datum zu versehen.
     
    § 45 Abs. 2
    Ist ein Gewählter nicht wählbar, so ist die Wahl auch nach Ablauf der Wahlprüfungsfrist für ungültig zu erklären.


    Sächsische Gemeindeordnung
     
    § 49 Abs. 1
    Wählbar zum Bürgermeister sind Deutsche im Sinne des Art. 116 des Grundgesetzes, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und die allgemeinen persönlichen Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllen. …
     

    Sächsisches Beamtengesetz
     
    § 6 Abs. 2
    In das Beamtenverhältnis darf grundsätzlich nicht  berufen werden, wer

    1. gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat, insbesondere die im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 (BGBl. 1973 II S. 1534) gewährleisteten Menschenrechte oder die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 enthalte-nen Grundsätze verletzt hat oder
     
    2. für das frühere Ministerium für Staatssicherheit oder Amt für nationale Sicherheit tätig war.

    03.11.2011 - Zur Rechtmäßigkeit von Ordnungsrufen gegen Abgeordnete der NPD-Fraktion

    In drei Organstreitverfahren entschied der Verfassungsgerichtshof jeweils mit Urteil vom heutigen Tag über die Rechtsmäßigkeit der gegen die jeweiligen Antragsteller ausgesprochenen Ordnungsrufe.
     
    In Verfahren der Landtagsabgeordneten Holger Apfel und Jürgen Gansel stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass der Präsident des Sächsischen Landtags die Antragsteller durch die Erteilung von Ordnungsrufen in der Sitzung des Sächsischen Landtags am 17. Dezember 2010 in ihrem Rederecht aus Art. 39 Abs. 3 SächsVerf verletzte. Ein weiterer Antrag des Landtagsabgeordneten Holger Apfel gegen einen weiteren in dieser  Landtagssitzung ergangenen Ordnungsruf hatte keinen Erfolg.
     
    Zur Begründung führte der Verfassungsgerichtshof aus:
     
    Das in Art. 39 Abs. 3 SächsVerf verfassungsrechtlich garantierte Rederecht des Abgeordneten bedürfe der Abstimmung mit den Rechten anderer Abgeordneter, der Funktionsfähigkeit des Parlaments und etwaigen Rechten Dritter. Diesem Zweck diene das Instrumentarium der sich aus der Geschäftsordnung des Landtags ergebenden Ordnungsmaßnahmen.
    Soweit die Ordnungsmaßnahmen Verstößen gegen die Geschäftsordnung entgegen wirken sollten, werde damit auf die Form der Äußerung und nicht auf deren Inhalt reagiert. Würden Ordnungsmaßnahmen hingegen zum Schutze des Ansehens des Parlaments oder von Rechten Dritter eingesetzt, reagiere das Ordnungsrecht in der Regel auf den Inhalt eines Redebeitrags. Ordnungsinstrumente dürften aber nicht dazu dienen, bestimmte inhaltliche Positionen aus der parlamentarischen Debatte auszuschließen. Je mehr die inhaltliche Auseinandersetzung im Vordergrund stünde, je gewichtiger die mit dem Redebeitrag thematisierten Fragen für das Parlament und die Öffentlichkeit seien, desto eher müssten konkurrierende Rechtsgüter hinter dem Rederecht des Abgeordneten zurückstehen.
    An diesen Grundsätzen gemessen, hatte der Antrag des Landtagsabgeordneten Apfel Erfolg, mit dem er sich gegen den auf seine Äußerung „Asylschmarotzer“ ergangenen Ordnungsruf wendet (Vf. 30-I-11). In einem Redebeitrag zu Volksentscheiden benannte der Antragsteller unter Verwendung der geahndeten Äußerung Themen, über die seiner Ansicht nach durch Volksentscheid abzustimmen sei. Der Verfassungsgerichtshof führte hierzu aus, der Antragsteller habe mit der polemischen Äußerung „Schmarotzer“ auf eine seit längerem geführte öffentliche Debatte Bezug genommen. Eine Beeinträchtigung konkurrierender Verfassungsgüter von erheblichem Gewicht, die einen Ordnungsruf gerechtfertigt hätte, sei in diesem Fall nicht erkennbar.

    Auch der durch den Landtagsabgeordneten Gansel gestellte Antrag war begründet (Vf. 31-I-11). Er hatte in der Plenarsitzung auf Ausführungen eines Redners dazu, dass das Parlament dem Verfassungsvertrag von Europa zugestimmt habe, obwohl die Bürger ausweislich von Meinungsumfragen diesen Vertrag mehrheitlich ablehnten, mit dem Zwischenruf „Volksverräter“ reagiert. Dieser Zwischenruf sei in diesem Zusammenhang als eine pointiert formulierte politische Stellungnahme zu deuten, die überwiegende Rechte Dritter nicht verletzte.
     
    Der weitere Antrag des Abgeordneten Apfel wurde zurückgewiesen (Vf. 35-I-11). Er hatte in der Landtagssitzung auf eine Äußerung des die Verhandlung leitenden 2. Vizepräsidenten rhetorisch die Neutralität des Präsidenten hinterfragt. Dies wurde durch den amtierenden Präsidenten zurecht als Verletzung der parlamentarischen Ordnung angesehen. Kritik an der Amtsführung des Parlamentspräsidenten, die im Plenum geäußert werde, sei geeignet dessen Autorität zu beeinträchtigen. Diese sei aber unverzichtbare Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Ordnung im Parlament. Eine Diskussion über die Amtsführung des Präsidenten sei im Ältestenrat bzw. Präsidium zu führen.
     

    SächsVerfGH, Urteile vom 3. November 2011 – Vf. 30-I-11, Vf. 31-I-11, Vf. 35-I-11

    01.11.2011 - Terminsmitteilung

    Urteilsverkündung in den Organstreitverfahren
    der Landtagsabgeordneten Apfel und Gansel
    gegen den Präsidenten des Sächsischen Landtags


    Mitglieder der NPD-Fraktion des 5. Sächsischen Landtags hatten Organklage zum Sächsischen Verfassungsgerichtshof erhoben, nachdem ihnen aufgrund von Redebeiträgen bzw. Zwischenrufen im Rahmen einer Aktuellen Debatte zu Volksentscheiden Ordnungsrufe erteilt worden waren. In der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2011 war Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt worden auf
     
    Donnerstag, den 3. November 2011, 15.00 Uhr,
    Saal 115, Harkortstraße 9, Leipzig.
     
    Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen – Vf. 30-I-11, 31-I-11, 35-I-11

    23.08.2011 - Mündliche Verhandlung in den Organstreitverfahren der Landtagsabgeordneten Apfel und Gansel gegen den Präsidenten des Sächsischen Landtags

    Der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen hat in drei Organstreitverfahren auf Antrag der Landtagsabgeordneten Holger Apfel und Jürgen Gansel gegen den Präsidenten des Sächsischen Landtags wegen der Erteilung von Ordnungsrufen Termin zur gemeinsamen mündlichen Verhandlung bestimmt auf
     
    Freitag, den 26. August 2011, 10.00 Uhr,
    Saal 115, Harkortstraße 9, Leipzig.
     
    Nach Auffassung der Antragsteller wurden sie durch die ihnen gegenüber ausgesprochenen Ordnungsrufe in der 27. Sitzung des 5. Sächsischen Landtags am 17. Dezember 2010 durch den Präsidenten des Sächsischen Landtags in ihren verfassungsmäßigen Rechten verletzt. Die Ordnungsrufe erfolgten anlässlich von Redebeiträgen bzw. Zwischenrufen der Antragsteller im Rahmen einer Aktuellen Debatte zum Antrag der Fraktion der NPD „Für eine wahre Demokratie nach Schweizer Vorbild – Volksentscheid jetzt auf allen Ebenen einführen“.
     
    Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen – Vf. 30-I-11 / Vf. 31-I-11 / Vf. 35-I-11

    19.04.2011 - Sächsisches Versammlungsgesetz ist nichtig

    Mit Urteil vom heutigen Tage stellte der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen fest, dass das von 52 Mitgliedern des 5. Sächsischen Landtages im Wege der abstrakten Normenkontrolle angegriffene Gesetz über die landesrechtliche Geltung des Gesetzes über Versammlungen und Aufzügen vom 20. Januar 2010 (Sächsisches Versammlungsgesetz) aus formellen Gründen verfassungswidrig und nichtig ist. Auf die von den Antragstellern ebenfalls gerügte materielle Verfassungswidrigkeit des Gesetzes kam es für die Entscheidung nicht an.
     
    Der im Gesetzgebungsverfahren im Wesentlichen unverändert gebliebene Artikel 1 des Entwurfes eines Sächsischen Versammlungsgesetzes sah eine Übernahme des Versammlungsgesetzes des Bundes als Landesrecht vor. Der Wortlaut des Versammlungsgesetzes ließ sich weder dieser Vorlage noch den im Gesetzgebungsverfahren nachfolgenden Parlamentsdokumenten entnehmen.

    Der Sächsische Verfassungsgerichtshof entschied, die Gesetzesvorlage zum Sächsischen Versammlungsgesetz entspreche nicht den Anforderungen des Art. 70 Abs.1 SächsVerf. Aus dieser Vorschrift – in Verbindung mit dem in der Sächsischen Verfassung verankerten Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip – ergäben sich auch inhaltliche Anforderungen an Gesetzesvorlagen.
     
    Die repräsentative parlamentarische Demokratie setze den aktiv an der Arbeit des Parlaments mitwirkenden Abgeordneten voraus. Es sei deshalb geboten, dem Abgeordneten jene Informationen zu unterbreiten, die ihm eine eigenverantwortliche Entscheidung über Gesetzgebungsvorhaben ermöglichten. Solle er sein Mandat wirkungsvoll ausüben, müsse er den vorgeschlagenen Gesetzestext zur Kenntnis nehmen können. Die Gesetzesvorlage habe darüber hinaus eine wichtige Dokumentationsfunktion. Der Gesetzesbeschluss, der auf der Vorlage aufbaue, enthalte die Feststellung des authentischen Gesetzesinhalts. Die Vorlage habe deshalb einen verständlichen, schriftlich niedergelegten, endgültig gemeinten beschlussreifen Textvorschlag zu unterbreiten. Sie müsse im Wortlaut wiedergeben, was letztlich durch Beschluss des Parlaments formelles Gesetz werden solle.
     
    Der Wortlaut des Sächsischen Versammlungsgesetzes sei weder in der Gesetzesvorlage noch in nachfolgenden Parlamentsdokumenten enthalten gewesen. In Art. 1 des Entwurfes werde lediglich zum Ausdruck gebracht, dass das Gesetz im Wortlaut mit der letzten Fassung des – in der Vorlage nicht mitgeteilten – Versammlungsgesetzes des Bundes übereinstimmen solle.

    Mit der Feststellung der Nichtigkeit des Sächsischen Versammlungsgesetzes durch den Sächsischen Verfassungsgerichthof gilt in Sachsen wieder das Versammlungsgesetz des Bundes.
     
    SächsVerfGH, Urteil vom 19. April 2011 – Vf. 74-II-10
     

    Wortlaut der Gesetzesvorlage (auszugsweise):

    "Artikel 1
    Geltung des Versammlungsgesetzes
     
    Das Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. November 1978 (BGBl. I S. 1789), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2366), wird mit seinem Wortlaut als Landesrecht übernommen und erhält die Überschrift
     
    „Gesetz über Versammlungen und Aufzüge im Freistaat Sachsen
    (Sächsisches Versammlungsgesetz – SächsVersG)“."

    25.03.2011 - Urteilsverkündung im abstrakten Normenkontrollverfahren zum Sächsischen Versammlungsgesetz (Terminsmitteilung)

    Der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen hat in dem von 52 Mitgliedern des Sächsischen Landtags beantragten Verfahren der abstrakten Normenkontrolle zum Sächsischen Versammlungsgesetz heute Vormittag mündlich verhandelt und Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt auf:
     
    Dienstag, den 19. April 2011, 10.00 Uhr,
    Saal 115, Harkortstraße 9, Leipzig.
     
    Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen – Vf. 74-II-10

    11.03.2011 - Mündliche Verhandlung zum Sächsischen Versammlungsgesetz

    Der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen hat in dem abstrakten Normenkontrollverfahren auf Antrag der Mitglieder des Sächsischen Landtags Dr. André Hahn, Martin Dulig und Antje Hermenau sowie 49 weiterer Landtagsabgeordneten Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt auf
     
    Freitag, den 25. März 2011, 10.00 Uhr,
    Saal 115, Harkortstraße 9, Leipzig.
     

    Die Antragsteller machen geltend, das Gesetz über die landesrechtliche Geltung des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge vom 20. Januar 2010 sei wegen einer fehlerhaften Gesetzesvorlage formell verfassungswidrig und wegen Verstoßes gegen die in der Sächsischen Verfassung garantierten Grundrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit auch materiell verfassungswidrig.
     
    Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen – Vf. 74-II-10

    14.01.2011 - Ausschluss des Landtagsabgeordneten Storr von drei protokollarischen Veranstaltungen des Sächsischen Landtags rechtmäßig

    Im Organstreitverfahren auf Antrag des Abgeordneten der NPD-Fraktion Andreas Storr entschied der Verfassungsgerichtshof mit Urteil vom heutigen Tage, dass der vom Präsidenten des Sächsischen Landtags verfügte Ausschluss von drei protokollarischen Veranstaltungen des Landtags verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei.
     
    Zur Begründung führte der Verfassungsgerichtshof aus:
     
    Maßstab für eine mögliche Verletzung von Rechten des Antragstellers seien allein seine sich aus Art. 39 Abs.3 SächsVerf ergebenden organschaftlichen Rechte, hier insbesondere sein Recht auf Teilnahme an den Sitzungen des Landtags.  Art. 39 Abs.3 SächsVerf sichere dem Abgeordneten ein Teilnahmerecht nicht nur bei den Parlamentssitzungen im engeren Sinn, sondern auch bei protokollarischen Veranstaltungen des Landtags, die der politischen Willensbildung im weiteren Sinne dienten.
    Die inhaltliche Ausgestaltung des Teilnahmerechts stehe in einer Wechselwirkung mit den Erfordernissen wirkungsvoller parlamentarischer Arbeit. Zu deren Wahrung seien dem Landtagspräsidenten ordnungsrechtliche Befugnisse an die Hand gegeben. Außerhalb der Plenar-sitzungen könne der Landtagspräsidenten seine Ordnungsgewalt auf der Grundlage von Art. 47 Abs.3 Satz 1 SächsVerf mittels des ihm eingeräumten Hausrechts ausüben. Dieses ermächtige ihn zum Erlass einer Hausordnung und zur Ahndung etwaiger Verstöße, u.a. durch Erteilung eines Hausverbots. Bei der Anwendung hausrechtlicher Maßnahmen wegen Störungen von protokollarischen Veranstaltungen komme dem Landtagspräsidenten ein durch den Verfassungsgerichtshof zu respektierender Beurteilungsspielraum zu. Dieser könne lediglich überprüfen, ob dem Präsidenten alle relevanten Tatsachen bei seiner Entscheidung bekannt waren, die Bewertung des in Rede stehenden Verhaltens dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit entspreche und auch sonst nicht offensichtlich fehlerhaft oder willkürlich sei.
     
    An diesen Grundsätzen gemessen, hatte der Antrag des Landtagsabgeordneten Andreas Storr keinen Erfolg.
    Es sei von Verfassungswegen nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner in dem Verhalten des Antragstellers einen Verstoß gegen die Hausordnung gesehen sowie eine konkrete Gefahr zukünftiger Störungen prognostiziert und infolgedessen einen Ausschluss von der Teilnahme an den nächsten drei protokollarischen Veranstaltungen für erforderlich erachtet habe. Der Ausschluss von den Festakten „20 Jahre Deutsche Einheit“ am 3. Oktober 2010, „20. Jahrestag der Konstituierung des 1. Sächsischen Landtags nach der Friedlichen Revolution“ am 27. Oktober 2010 sowie der „Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus“ am 27. Januar 2011 begegne auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keinen Bedenken.
     
    SächsVerfGH, Urteil vom 14. Januar 2011 – Vf. 87-I-10

    Marginalspalte

    Sprachen

    Suche in Entscheidungen

    Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

    Informationen über den Verfassungsgerichtshof

    © Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen